Zero Waste ist etwas für Perfektionisten! - Wie oft habe ich das schon gehört!?!
- Stimmt aber nicht!
Zero Waster zeigen in den sozialen Medien ihre durchgestylten, minimalistischen und absolut nachhaltigen Wohnungen. Sie nennen es Lifestyle. Es ist mittlerweile ein hipper Trend.
Kritiker sagen gerne, dass Zero Waste nur so ein kurzlebiges Lifestyle-Ding für Selbstdarsteller ist, die schick einkaufen gehen und auch so leben und das gleichzeitig nachhaltig nennen. Sie würden sich in ihrem "Gutmensch"-Dasein sonnen.
Aber warte: Gleich hat die Perfektion ein Ende! Da ist ein Fizzelchen Müll zu sehen oder sogar Plastik!
Kaputt gemacht ist der eigentlich gute Gedanke: Müllvermeidung, Ressourcenschonung, eine Kreislaufwirtschaft.
Klar sieht man den "Zero Waste"- Lebenstil nur von der besten Seite im Netz!
Das ist normal für Menschen.
Influencer zeigen sich auch alle von der besten Seite.
Im Arbeitsleben zeigen sich alle von der besten Seite, wenn der Chef da ist.
Vor dem Schwarm will man ebenfalls makellos sein.
Aber wir wissen auch: Für ein Foto wird nur das Beste gezeigt.
Alleine, um zu zeigen, dass es Vorteile hat, so zu leben.
Bei Zero Waste ist es der schicke Einkauf mit glänzenden Edelstahlbehältern, Gläsern ohne Fingerabdrücke und farblich aufeinander abgestimmte Taschen für das Gemüse. Das kommt bewiesenermaßen besser an als ein Wust von Lebensmitteln.
Wenn man eine asslige Wohnung sieht - wer würde sich dann motiviert fühlen, das nachzumachen, um da drin zu wohnen? - Niemand!
Es geht darum: Motivieren, um in die richtige Richtung zu gehen. Denn jeder kleine Schritt zählt.
Und mal ehrlich: Eigentlich sollte auch klar sein, dass man natürlich Fingerabdrücke auf dem Glas haben wird und dass die Taschen vielleicht nicht farblich zusammen passen.
Spoiler: Es gibt keine perfekten Zero Waster!
Zero Wastern ist es bewusst, dass ein Kreislaufsystem (momentan noch) eine Utopie ist und einfach (noch) nicht zu 100% machbar. Aber das ist egal! Wir können versuchen dieser Utopie möglichst nahe zu kommen. Wie nahe man kommt, hängt von den eigenen Lebensumständen ab!
Wenn es 60% statt 100% sind, ist das doch trotzdem klasse!
Lohnt es sich überhaupt die Mülldiät anzufangen?
Ja, es lohnt sich. Denn in der Summe erreicht man eine ganze Menge.
Was kann ein Einzelner ausrichten? Das fragen sich 80 Millionen - allein in Deutschland.
Würde man im Jahr nur 1kg Müll einsparen, dann wären es 80 Millionen kg Abfall im Jahr weniger.
80 Millionen kg!!! Eine riesen Zahl, die nicht produziert werden müssten.
Es sind weit mehr drin als nur 1kg im Jahr und das ohne sich kasteien zu müssen. Wir produzieren pro Kopf deutlich mehr als 600kg Müll im Jahr!
Man muss also nicht perfekt sein, um Zero Waste in seinem Leben umzusetzen.
Gedanken eines Klugscheißers
Perfekt sein, kann man übrigens auch gar nicht. Der perfekte Mensch ist irgendeinem Kritiker ohnehin zu perfekt und aalglatt, so dass man gleich wieder unperfekt ist.
Es ist also Quatsch nach Perfektionismus zu streben oder davon zu reden!
Aber es ist gut zu erkennen, wenn wir fünf vor zwölf haben.
Beispiel: Der Earthovershootday, also der Tag, an dem wir unsere Ressourcen für das ganze Jahr aufgebraucht haben, ist weltweit schon nach sieben Monaten aufgebraucht.
Warum verbrauchen wir so viel? Weil wir es können!
Wir können mehr CO2 in die Atmosphäre ausstoßen als unsere Ozeane und Wälder absorbieren.
Es ist möglich, schneller zu fischen, als sich die Fischbestände erholen.
Wir fällen Bäume schlichtweg schneller als sie nachwachsen.
Wir nehmen einen Kredit für unsere nachfolgenden Generationen auf. Unsere Kinder und ungeborenen Enkel werden nicht gefragt, ob ihnen das recht ist. Keiner verbietet uns das.
Stellt Euch vor, Ihr geht zu einer Bank und wollt einen Kredit.
Den sollen Eure noch nicht geborenen Enkel abbezahlen. Enkel, die vielleicht sogar gar nicht geboren werden....
Die Bank würde euch einen Vogel zeigen, für irre erklären und ihn schlichtweg nicht genehmigen.
Doch auf unserer Erde sind wir die Banker selbst. Wir können selber entscheiden, ob wir uns den Kredit geben oder uns einen Vogel zeigen.
Wir geben uns den Kredit. Ja, Menschen sind manchmal ganz schön irre...
Schauen wir einmal ins Tierreich: Wir haben ein eklatantes Artensterben, weil wir Menschen ausbeuterisch wirtschaften und es nicht verstanden haben, dass wir z.B. Bestäuber wie Hummeln und andere unterschätzte und teils wenig bekannte Wildbienenarten brauchen, um unsere Ernährung zu sichern. Wenn wir die nicht mehr hätten, wäre Obst und Gemüse immens teuer und wir könnten uns das nicht mehr so einfach leisten.
Wir können nicht über die Maßen Glyphosat auf unsere Felder und schicke Kiesgärten kippen, nur um uns Mühe und Kosten zu sparen (Unkrautjäten, Sikkation). Wir können auch nicht einfach Glyphosat verbieten und stattdessen!! auf Alternativen setzen, die noch weniger erforscht und potentiell genauso schädlich oder schädlicher sind.
Wir müssen komplett umdenken, damit wir in Kreisläufen wirtschaften können. Dafür gibt es Lösungen!
Das fängt schon vor der Haustüre bei uns zu Hause an. Ein minimalistischer Garten aus Schotter und grünem Rasen ohne Blüten und Lebensraum für Tiere ist nicht Zero Waste.
Ein Zero Waste Garten müsste eigentlich total unperfekt sein - zumindest in den Augen von irgendwelchen Stylefetischisten.
Ich dagegen finde, wilde Ecken oder Gärten toll und perfekt. Ihr auch?
Vermutlich findet man in einem Zero Waste Garten also viel Unkraut, viele Blüten, abgefressene Blätter, Insekten, Vögel, Laub- und Reisighaufen, einen Tümpel und Kompost mit Blindschleichen, Würmern, Schnecken und Kellerasseln, abgestorbenes Pflanzenmaterial, das einfach unordentlich als Mulchmaterial auf den Beeten liegt, das gleichzeitig aber düngt, das Bodenleben erhält und weniger Gießen nötig macht, usw. Der Minimalismus liegt dabei im Eingreifen - also möglichst wenig eingreifen.
Ein Zero Waster wird seinen Garten nicht mit Giften in Stand halten, sondern versuchen mit der Natur statt gegen sie zu arbeiten.
Der Garten eines Zero Wasters geht tendenziell eher in Richtung Naturgarten, Hortus, Perma- oder "Verwahrlosungs"-kultur.
Aber wie wird das ein Zero Waster auf Instagram darstellen?
So?
Ordentlich, nach Art und Farbe sortiert, ansprechend, ohne Lücken...
...oder so?
Etwas wild, in den unteren Etagen noch nicht alles perfekt eingewachsen oder sogar ein Fach frei, weil gerade erst angesät wurde. Natürlich schaut man dabei gerade perfekt in die Kamera und schiebt sich nicht die Haare zur Seite, die der Wind schon wieder ins Gesicht gepustet hat. Das Foto wäre wohl nicht auf Instagram zu finden.
Noch ein Beispiel:
Was kommt besser an? Ein Kleid, das liebevoll mit kleinen Applikationen geflickt wurde
oder der Anhänger mit dem geflickten Fliegennetz.
Es ist einfach eine Sache der Darstellung - geschicktes Marketing sozusagen.
Natürlich ist es ehrlicher alles zu zeigen. Aber dabei muss man auf die Dosis aufpassen. Das ist wie im richtigen Leben: Passiert und sieht man zu viel schlechtes, zieht das einen runter, die Stimmung wird schlecht und man wird traurig. Stattdessen motiviert es mehr, wenn man die Lösung sieht, wie es besser geht.
In diesem Sinne: Seid perfekt oder unperfekt! Egal, hauptsache ihr fangt an. Wo das ist, ist auch egal. Hauptsache Loslegen.
Wo fängst Du an?
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