Was ist nachhaltiger?
Wegschmeißen oder weiternutzen?
Die Frage stellt sich oft bei Plastiksachen im Haushalt, wenn man versucht einen Zero Waste Lebensstil zu führen. Das ist mitunter eine der am häufigsten gestellten Fragen in unserer Leserpost. Eine Hilfestellung geben bei solchen Entscheidungen die sechs R- Säulen von Zero Waste:
Refuse (Ablehnen, was man nicht braucht)
reduce (nur das nutzen, was man tatsächlich braucht)
reuse (wiederverwenden)
repair (reparieren evtl. mit Ersatzteilen)
recycle (recyceln: aus einem Ausgangsstoff unter Energieaufwand das Gleiche oder etwas Gleichwertiges herstellen) und zu guter Letzt
rot (kompostieren)
Beachtet hierbei auch die Reihenfolge. Mit den ersten „Rs“ kann man am meisten Müll einsparen, Recycling und Kompostieren dagegen sind eher die „Notlösungen“. Aber immerhin Lösungsansätze!
Nimmt man die "Rs" als Hilfestellung, passt wahrscheinlich bei diesem Problem erstmal Reusing, also Weiternutzen: die Sachen hatte man ja schon erworben und kann sie deshalb nicht mehr ablehnen. (Refuse)
Man könnte es aber ablehnen, die Sachen selbst weiternutzen und sie stattdessen weitergeben. Das muss jeder für sich selbst entscheiden.
Weiternutzen
Als Beispiel: Plastikbehälter. Diese können erstmal Zero Waste sein!
Man kann sie weiternutzen zum Aufbewahren, Einkaufen oder je nach Beschaffenheit zum Einfrieren.
Dadurch umgeht man einiges an Müll:
Beim Einfrieren spart man sich die Gefrierbeutel,
bei der Aufbewahrung im Kühlschrank die Frischhalte- oder Alufolie,
zum Mitnehmen als Brotzeit die Plastiktüten, das Brotzeitpapier oder die To-Go-Verpackung.
Nimmt man sie zum Einkaufen mit in den Unverpackt-Laden, an die Frischetheke, in die Mühle oder andere Bulkabteilungen, dann kann man sich dort hinein die unverpackten Lebensmittel füllen. Dadurch spart man Einweg-Verpackungen.
Das ist definitiv auch ökologisch sinnvoll und gleichzeitig Zero Waste.
Zero Waste bedeutet nämlich nicht grundsätzlich, dass man plötzlich nur noch Dinge im Haushalt hat, die umweltverträglich produziert worden sind. Zero Waste bedeutet nicht automatisch plastikfrei. Viele Menschen, die versuchen Zero Waste umzusetzen, haben beispielsweise noch Plastikboxen im Haus. Diese sind wiederverwendbar, leicht, zerbrechen schwer und eignen sich zum Einkaufen und bieten sich an, wenn man die öffentlichen Verkehrsmittel nutzt und einen längeren Anfahrtsweg hat. Das ist ökologischer als wenn man mit neu gekauften Gläsern mit dem Auto vorfährt.
Weitergeben
Will man die schon erworbenen Plastikprodukte aber nicht selbst nutzen, weil man Weichmacher und anderweitige Schadstoffe fürchtet, dann kann man sie trotzdem zum Weiternutzen (Reusing) weggeben.
Eigentlich ein befremdlicher Gedanke. Man soll die Sachen weitergeben, obwohl sie Gesundheitsrisiken bergen könnten? Wäre es dann nicht besser sie wegzuschmeißen?
Richtig, das wäre besser! Wir sollte umweltschädliche Produkte fachgerecht entsorgen, die der Umwelt und damit auch uns schaden und ab jetzt nur noch nachhaltig produzieren und leben. Aber das ist nur möglich, wenn wir alle an einem Strang ziehen. Das tun wir momentan aber nicht!
Beispiel: Die Nachfrage nach Plastikbehältern ist da. Solange werden Dinge neu produziert. Dafür werden Rohstoffe benutzt, Energie aufgewendet und das leider nicht immer auf umweltfreundliche Art und Weise. Es setzen zwar immer mehr Leute auf unbedenkliche Materialien wie Glas, aber längst nicht alle.
Brauchen oder wollen wir Produkte nicht mehr, sollten wir sie weitergeben: Second hand verkaufen, tauschen, verschenken, spenden....
Denn dann wird wenigstens nicht neu produziert, sondern die alten Gegenstände werden weitergenutzt. Zudem entsteht weniger Müll. Es ist somit auch nicht falsch, die Plastiksachen weiterzugeben, wenn dadurch andere nicht neu kaufen und indirekt neu produzieren lassen. Manchmal werden solche Produkte auch gekauft, weil es keine umweltfreundliche Alternativen gibt oder man sie nicht kennt.
Es liegt aber nicht immer nur an den Käufern. Manchmal müssen aber auch die Hersteller und Geschäfte klein beigeben, weil keiner ihnen die Produkte abnimmt. Was kann man also tun? Was wir aber beim Neukauf tun können, ist ablehnen
(Refuse – erste Säule von Zero Waste).
Kaufen wir neu, sollte man darauf achten, dass vernünftig produziert worden ist und dass das Endprodukt aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt ist, dass es langlebig, kompostierbar oder recycelbar, umweltverträglich und gesundheitlich komplett unbedenklich ist.
Plastik fällt da momentan oft raus. Denn was mache ich damit nach dem Ableben?
Kompostieren? Das klappt aktuell nur mit Folien und das auch nur auf dem eigenen Kompost, da Kompostierungsanlagen sie meist rausfiltern. Schließlich ist nicht immer erkennbar, ob es sich nun um kompostierbaren Kunststoff handelt oder nicht. Abgesehen davon brauchen einige kompostierbare Kunststoffe viel zu lange, um zu verrotten, so dass die nicht für eine Kompostierungsanlage geeignet sind. Zum Recycling geben? Nicht alle Kunststoffe sind recycelbar, manchmal fehlt die Technik oder es ist zu aufwendig und damit teuer. Aufgrund der Betriebsgeheimnisse über die Zusammensetzung eines Kunststoffes ist das Recycling außerdem schwierig, wenn man nicht weiß, welche Additive das Produkt enthält. Additive definieren die Eigenschaften des Kunststoffes: flexibel oder starr, die Farbe etc. Die kann man nicht einfach mischen. Wenn ich ein starren Kunststoff will, kann ich kein DEHP dazugeben. Wenn ich Kinderspielzeug produziere, kann ich keine weichmachenden Phtalate wie DEHP, DBP und BBP einsetzen. Wenn ich aber nicht weiß, ob das drin war, kann es schlecht zum Recycling verwenden und daraus Kinderspielzeug herstellen.
Noch dazu kommt, dass unter Recycling (Stand 2022) auch thermische Verwertung fällt. Das widerspricht aber der Definition von Recycling, denn verbrennen wir Plastik können wir schlecht daraus wieder das gleiche oder ein gleichwertiges Kunststoffprodukt herstellen. Also fallen die meisten Plastikboxen oder Kunststoffarten flach. Nur aus 15 % des eingesammelten Plastiks entstehen Recyclate, also recycelter Kunststoff. Der Rest wird verbrannt. Auch kann man in der Regel (außer bei Wertstofftonnen) Plastikprodukte, die keine Verpackung sind, nicht zum Recycling abgeben. Das ist dann auch der Grund, weshalb Menschen, die Zero Waste leben, über kurz oder lang wenig Dinge aus Kunststoff besitzen. Sie kaufen sie möglichst nicht mehr neu nach, außer sie haben keine andere Wahl z.B. bei Stromkabeln (die Ummantelungen bestehen aus Kunststoff) oder wer auf den Komfort einer Waschmaschine oder eines Kühlschranks nicht verzichten will etc. Deshalb ist es wichtig, dass die Produzenten Hand in Hand mit den Konsumenten gehen. Die Industrie muss nachhaltige Produkte mit verfügbaren Ersatzteilen herstellen und die Verbraucher müssen sie auch kaufen. Zusammenfassung:
Wenn ihr neu kaufen müsst, dann kauft umweltfreundliche Zero Waste Produkte. Ansonsten ist weiternutzen keine schlechte Idee, solange die Produkte noch unbedenklich sind. Man sollte hierbei im Hinterkopf haben, dass einige Gegenstände nicht mehr verkauft werden dürften. Beispielsweise sind in Babyspielzeug heutzutage gewisse Weichmacher nicht mehr zugelassen genauso wenig wie Pfannen mit einer PFOA-Beschichtung zu verkaufen.
Aber wo es geht, gerne weiternutzen. Auf diese Weise muss Zero Waste gar nicht teuer sein!
Was nutzt ihr weiter? Nutzt Ihr Plastikboxen weiter oder wollt ihr es aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr? Schreibt mir gerne in die Kommentare?
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